Hypoxie-Antwort

Über 90% aller menschlichen Gene produzieren durch alternatives Spleißen mehreren mRNA-Isoformen. Damit erhöht alternatives Spleißen die Diversität unseres Proteoms enorm. Darüber hinaus kann durch die Herstellung unproduktiver, d.h. nicht Protein-produzierender, mRNAs, alternatives Spleißen dazu eingesetzt werden quantitative Veränderungen in der Genexpression zu erreichen. Aufgrund dieser Vielseitigkeit ist das alternative Spleißen als Reaktion auf zellulären Stress, wie Hypoxie, stark moduliert, was eine schnelle zelluläre Anpassung ermöglicht.

Die genomweite Analyse von Spleißänderungen in Endothelzellen zeigte, dass unproduktive mRNA-Isoformen des Transkriptionsfaktors MAX (MYC-assoziierter Faktor X) durch Hypoxie induziert werden, während die mRNA und das Protein des Wildtyps reduziert sind (Abb. 1). Da MAX der zentrale Faktor des MYC/MAX/MXD-Netzwerks von Transkriptionsfaktoren ist, wird dieses Spleißereignis auch die transkriptionelle Antwort auf Hypoxie deutlich verändern. 

Bei der Untersuchung der Hypoxie-induzierbaren mRNA-Isoform E entdeckten wir einen neuartigen Qualitätskontrollmechanismus für C-terminal verkürzte Proteine. Die Retention des letzten Introns führt dabei zur Produktion einer abundanten mRNA, welche für eine C-terminal verkürzte Isoform kodiert. Diese enthält zwar die DNA-Bindungsdomäne, aber nicht die Wildtyp-spezifischen sauren und basischen Bereiche. Stattdessen enthält diese Proteinvariante an ihrem C-Terminus spezifische Aminosäuren, die zu einem hocheffizienten und konstitutiven Abbau des Proteins führen. Die Degradation ist so effizient, dass das Protein auch nach extrem hoher ektopischer Expression der entsprechenden cDNA nicht nachweisbar ist. Das kodierte C-Degron ist auch in der Lage heterologe Proteine äußerst effizient zu destabilisieren (Abb. 2). Sie ist dabei deutlich effektiver als die häufig verwendete PEST-Sequenz. Dieser neuartige mRNA-Qualitätskontrollmechanismus verhindert die Akkumulierung von nicht-funktionalen, C-terminal verkürzten Proteinen, die durch alternatives Spleißen entstehen. Unsere zukünftige Forschung wird sich auf die Identifizierung des genauen Abbaumechanismus, dessen Häufigkeit, sowie die Aminosäuren konzentrieren, welche für eine effiziente Degradation wichtig sind.